26.10.2021 – Digitaler Fachtag Familienzentren: Mental gestärkt – Psychische Gesundheit in Familienzentren

"Mental gestärkt – Psychische Gesundheit in Familienzentren“



Am 26. Oktober 2021 fand der 5. Fachtag Familienzentren in Hessen erneut in einem digitalen Format statt. Die HAGE-Geschäftsstelle wurde zum Übertragungsstudio – mit Herrn Robert Hübner (hr-fernsehen) als Moderator. Wie schon in den vergangenen Jahren begleitete er Teilnehmende aus der Praxis, aus dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, aus Politik und Wissenschaft durch den Tag.

Der Fachtag knüpfte an die vorangegangenen Veranstaltungen zur Themenreihe „Gesundheitsförderung und Prävention in Familienzentren“ an und ist in diesem Jahr der Frage nachgegangen, wie die psychische Gesundheit von Bürger*innen in Familienzentren und Mehrgenerationenhäusern nachhaltig gestärkt werden kann. Ein besonderes Augenmerk wurde in allen Beiträgen auf die durch Corona bedingten Einschränkungen und Belastungen gelegt, aber auch auf die Möglichkeiten, diese zu bewältigen, und auf die sich daraus entwickelnden Chancen zur Etablierung neuer Arbeitsformen und Formate in und für die Praxis.

Grußworte

Der 5. Fachtag Familienzentren in Hessen wurde auch in diesem Jahr vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration gefördert und in Zusammenarbeit mit der Landesservicestelle Familienzentren in Hessen, der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie, umgesetzt. So war der zuständige Sozialminister, Herr Kai Klose, einleitend zu hören. Er würdigte die Rolle der Familienzentren als bewährte Kooperations- und Ansprechpartner und „als Fels in der Brandung vor Ort in der Pandemie“. Einmal mehr hätten die Mitarbeitenden unter Beweis gestellt, dass sie trotz schwierigeren Ausgangslagen innerhalb der Sozialräume neue, bedarfsorientierte und darüber hinaus innovative Wege gefunden haben, ihre wichtige Arbeit fortzusetzen. Schon von Beginn an hätten Familienzentren, Mehrgenerationenhäuser und Stadtteiltreffs als wohnortnahe Anlaufstelle Gesundheitsthemen aufgegriffen und sich auch mit der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, Alleinerziehenden, erwerbslosen Menschen, Älteren und anderen Besucher*innen auseinandergesetzt. Um diese wichtige Aufgabe zu würdigen, werden seitens des Landes derzeit 188 Familienzentren gefördert und in ihren Aufgaben durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration unterstützt.

Frau Dr. Katharina Gerarts, Vorstandsmitglied in der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie, betonte in ihrem Grußwort insbesondere die enorme Belastungssituation für Kinder und Jugendliche im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Dabei wies sie  auf erhebliche Einschränkungen hinsichtlich der Wahrnehmung von Kinder- und Jugendrechten hin.

Die Geschäftsführerin der HAGE, Frau Dr. Katharina Böhm, ermunterte die Teilnehmenden in ihrem Grußwort nachdrücklich, während der Veranstaltung in einen intensiven Austausch zu treten und die Chance zur Vernetzung zu nutzen. Zudem formulierte sie wesentliche Kernfragen, denen die Referent*innen gemeinsam mit den Teilnehmenden nachgegangen sind:

  • Welche psychischen Belastungsfaktoren, bedingt durch die Corona-Pandemie, sehen wir in der Arbeit der Familienzentren?
  • Wie können Mitarbeitende, Kinder und Jugendliche, Eltern, Familien, Jüngere und Ältere am besten unterstützt werden?
  • Wie können negativen psychischen Auswirkungen vorgebeugt und die psychische Resilienz trainiert werden?
  • Und wie können Angebote und Förderprogramme des Landes Hessen gezielt dabei helfen?

Im Anschluss an die Grußworte begann die Überleitung zu den morgendlichen Fachvorträgen in erstmals ausschließlich digitalem Format.

  • 2. Fachvortrag „Resilienz in Zeiten der Corona-Pandemie“ von M. Sc. Psych. Markus Müssig

    M. Sc. Psych. Markus Müssig, Leibniz-Institut für Resilienzforschung, ist Psychologe (M.Sc.). Als Wissenschaftler und Referent der Resilienz-Ambulanz hält er regelmäßig Vorträge und führt Coachings und Workshops zu den Themen Resilienz, Stress und psychische Gesundheit durch. Er promovierte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und forscht zu interindividuellen Unterschieden, Diagnostik und Resilienz.

    Verschiedene Forschungsprojekte haben in den letzten Monaten zu einem besseren Verständnis von Auswirkungen der gegenwärtigen Pandemie auf die psychische Gesundheit geführt und gleichzeitig relevante Schutzfaktoren identifiziert, deren gezielte Förderung zur Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit beitragen können. Der Vortrag von Herrn Markus Müssig gab einen Überblick über die Wirkung und Bedeutung der in der Corona-Pandemie besonders relevanten Resilienzfaktoren. Darüber hinaus bot er Empfehlungen und konkrete Übungen an, wie diese gezielt trainiert werden können.

    2. Fachvortrag „Resilienz in Zeiten der Corona-Pandemie“ von M. Sc. Psych. Markus Müssig
     

  • 3. Fachvortrag: „Die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig Netzwerke sind“ von Wolfgang Schreck

    Wolfgang Schreck ist Leiter des Referats Kinder, Jugend und Familien der Stadt Gelsenkirchen und  Vorstandsmitglied der Bundespsychotherapeutenkammer.

    Der Vortrag von Herrn Wolfgang Schreck spannte einen weiten Bogen von der Betrachtung besonders gefährdeter Personengruppen für psychische Erkrankungen während der Pandemiezeit auf kommunaler Ebene bis hin zu dem Zusammenhang zwischen sozialen Ungleichheiten und der Wahrscheinlichkeit, psychisch zu erkranken. Dabei betonte er, dass während der Corona-Pandemie kontinuierlich Anpassungen der Beratungsangebote für gefährdete Personengruppen vorgenommen und gebündelt zur Verfügung gestellt wurden.

    Im Zwischenfazit stellte er fest, dass Kinder und Jugendliche besonders betroffen sind und formulierte die These, dass sich aktuell die Schere zwischen arm und reich vergrößert hätte. Familien hätten somit auch unterschiedliche Chancen, die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen. Herr Schreck forderte deshalb ein Förderprogramm des Bundes zur Stärkung der psychischen Gesundheit und der Stärkung des sozialen Miteinanders. Abschließend berichtete er über gute Erfahrungen in seinem Zuständigkeitsbereich in Gelsenkirchen hinsichtlich der Ausweitung der Angebote von Familienzentren auf Standorte in Grundschulen im Sinne von neuen Bausteinen der Gelsenkirchener Präventionsketten.
     

    3. Fachvortrag: „Die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig Netzwerke sind“ von Wolfgang Schreck
     

    Broschüre der Bundestherapeutenkammer BPtK "Corona-Pandemie und psychische Erkrankungen"


Jetzt schlossen sich Fachforen an, die eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis herstellten, Raum für den fachlichen Austausch boten und dabei die unterschiedlichen Dialoggruppen der Familienzentren in Hessen eingebunden haben.

  • 1. Fachforum: Stärkung der psychischen Gesundheit von Alleinerziehenden

    Moderation: Nicole Waliczek, HAGE
     

    Susanne Hofmann und Linda Noack, Projekt „Gesunde Stadt“, Universitätsstadt Marburg
    Prof. em. Dr. sc. oec. Uta Meier-Gräwe, ehemalige Leitung des Lehrstuhls für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und der Familienwissen­schaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen

    Im Fachforum Alleinerziehende führte Frau Prof. Dr. Meier–Gräwe in die belastende Lebenssituation von Alleinerziehenden und den daraus entstehenden psychischen und gesundheitlichen Folgen ein. Sie zeigte anhand von Beispielen auf, wie die Situation von Ein-Eltern-Familien durch verschiedene Maßnahmen verbessert werden kann. Im Anschluss stellten Frau Hofmann und Frau Noack von der Universitätsstadt Marburg, aus dem Team Gesunde Stadt, das Projekt „Verbunden-Stark-Gesund“ vor. Das Projekt hat zum Ziel, die gesundheitliche und psychische Situation von alleinerziehenden Eltern und deren Kindern positiv zu beeinflussen und zu stärken. Im Fachforum haben sich durch die beiden Vorträge folgende Handlungsempfehlungen für die Unterstützung von alleinerziehenden Eltern herauskristallisiert:

    • Gemeinsame und abgestimmte Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern und Akteur*innen vor Ort, um die Strukturen und somit die Verhältnisse von alleinerziehenden Eltern zu verbessern.
    • Ausbau von personellen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen, um die Vernetzungsarbeit zu fördern, damit Unterstützungsangebote für Alleinerziehende weiterentwickelt werden können.
    • Ein differenzierter Blick auf die Situation von alleinerziehenden Eltern ist nötig, da verschiedenste Bedarfe und Ressourcen bei Alleinerziehenden vorhanden sind.

    Praxisbeispiel "Verbunden stark gesund" von Susanne Hofmann und Linda Noack

    Fachvortrag "Alleinerziehende - Erschöpft und mutterseelenallein?!" von Prof. em. Dr. sc.oec. Uta Meier-Gräwe. Bei inhaltlichen Rückfragen zu dem Vortrag wenden Sie sich gerne per E-Mail an uns: kgc-hessen@hage.de
     

  • 2. Fachforum: Stärkung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen

    Moderation: Frau Anja Köbe, Servicestelle Familienzentren Hessen, Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie

    Dr. rer. Nat. Claudia Wenzel und M. Sc. Markus Müssig, Leibniz-Institut für Resilienzforschung

    Dem Anliegen folgend, Resilienz bei Kindern und Jugendlichen zu stärken, wurden im Vortrag die wesentlichen Faktoren und Mechanismen auch hinsichtlich der sich ändernden Entwicklungsaufgaben vom Kleinkind- zum Jugendalter bestimmt und erläutert. In diesem Zusammenhang stellte der Vortrag auf das jeweilige Lebensalter bezogene Forschungsergebnisse und Tipps im Umgang mit Stressoren vor. Idealerweise überwiegen Schutzfaktoren, um Phasen erhöhter Vulnerabilität wie z. B. beim Übergang Kita/Schule zu meistern. Wichtig ist dabei, Schutzfaktoren in den Familien und im sozialen Umfeld einzubeziehen. Zudem ist die persönliche und bewusste Auseinandersetzung von Kindern und Jugendlichen mit Stressoren als natürlicher und lebensnotwendiger körperlicher Reaktion in der Entwicklung wichtig. Im Rahmen des Fachforums leiteten sich folgende Handlungsempfehlungen ab:

    • Der Umgang mit Stress sollte als ein wichtiges Thema gemeinsam reflektiert werden.
    • Transparenz zwischen Eltern und Kindern schaffen.
    • Einführung eines „Digital Detox“ bei Kindern und Jugendlichen ermöglichen.

    Fachvortrag „Resilienzförderung bei Kindern und Jugendlichen“ von Dr. rer. Nat. Claudia Wenzel und M. Sc. Markus Müssig. Bei inhaltlichen Rückfragen zu dem Vortrag wenden Sie sich gerne per E-Mail an uns: kgc-hessen@hage.de.

     

  • 3. Fachforum: Stärkung der psychischen Gesundheit von Mitarbeiter*innen

    Moderation: Marion Gümpel, Felix Weber, HAGE

    Wolfgang Muy, Leiter Fachstelle für Innovation, Inklusion und Entwicklung, Diakonie Lahn-Dill 

    Herr Muy gliederte seinen Beitrag in zwei Teile: im ersten, einleitenden Teil erläuterte er die Motivation sowie die Herangehensweise und die Umsetzung des seitens der Diakonie Lahn-Dill erarbeiteten Konzepts „Stark für andere-Stark für mich“. Dieses wurde von 2017 bis 2020 im Rahmen des ESF-Förderprogramms „rückenwind – Für die Beschäftigten und Unternehmen in der Sozialwirtschaft“ zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in sozialen Berufsfeldern umgesetzt und von der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main wissenschaftlich begleitet. Im zweiten und praxisbezogenen Teil stellte Herr Muy konkrete Anregungen zur Stärkung der Resilienz in Teams zur Verfügung, die in folgende Handlungsempfehlungen mündeten:  

    • Das Thema Resilienz eignet sich als Querschnittsthema in Teamprozessen.
    • Schon Teamtage und die gleichzeitige Sensibilisierung der Führungskräfte können einen Perspektivwechsel hin zu einer resilienten und gesunden Unternehmenskultur erreichen, der zudem Mitarbeitende an das Unternehmen bindet.

    Fachvortrag mit Praxisbeispiel „Mitarbeiter*innen stärken – Gesundheit umfassend denken“ von Wolfgang Muy. Bei inhaltlichen Rückfragen zu dem Vortrag wenden Sie sich gerne per E-Mail an uns: kgc-hessen@hage.de
     

     

  • 4. Fachforum: Stärkung der psychischen Gesundheit von Erwerbslosen

    Moderation: Dr. Eva Lauckner, Yvonne Ramus, HAGE

    Claudia Watson, social solutions
    Angela Obijou, Kita- und Familienzentrum Morgenstern, Frankfurt

    Inhalt des vierten Fachforums war armutssensibles Handeln in Familienzentren, um Gruppen wie erwerbslose Menschen nicht auszuschließen. Claudia Watson stellte dazu die sieben Schlüssel der Armutsprävention nach Gerda Holz vor und gab den Teilnehmenden die Anregung, jedes Konzept und jedes Projekt vor der Umsetzung explizit auf Armutssensibilität „zu prüfen“. Verdeutlicht wurde dieses Vorgehen durch die praktischen Erfahrungen von Angela Obiju, Leiterin des KiFaz Morgenstern in Frankfurt. Aus den Praxisbeispielen des Fachforums lassen sich folgende Handlungsempfehlungen ableiten:

    • Um Niedrigschwelligkeit zu gewährleisten, sollten Bewohner*innen durch Angebote im Stadtteil und in dem gewohnten Sozialraum (Spielplätze, Treffpunkte) erreicht werden.
    • Es ist wichtig, dass die verschiedenen Hilfeangebote im Stadtteil vernetzt sind.
    • Angebote des Familienzentrums werden als Reaktion auf die Anliegen der Familien gestaltet, sodass ein flexibles Programm nach Bedarf entsteht, welches möglichst alle erreichen kann.
    • Fachkräfte sollten sich mit ihren eigenen Zuschreibungen und Vorurteilen auseinandersetzen, damit sie empathisch handeln können.

    Fachvortrag „7 Schlüssel der Armutsprävention“ Claudia Watson
     

    Praxisbeispiel „Newsletter“ aus dem Kita- und Familienzentrum Morgenstern Angela Obijou

  • 6. Fachforum: Stärkung der psychischen Gesundheit von Jung und Alt durch Bewegungsförderung

    Moderation: Béatrice Frank, HAGE

    Marco Mattes, Landessportbund Hessen e.V. (lsb h)
    Marc Mercurio, Landessportbund Hessen e.V. (lsb h)
    Dr. Harald Seehausen, SG Bornheim 1945 e.V. Grün-Weiß 

    Bewegung und Sport haben nicht nur förderliche Effekte für die körperliche, sondern auch für die psychische Gesundheit. Wie genau solche Wirkungen zu erklären sind, erläuterte Marco Mattes vom lsb h zu Beginn in seinem Einführungsvortrag. Gleichzeitig wurden vielfältige Möglichkeiten aufgezeigt, wie Familienzentren durch Kooperationen mit Sportvereinen vor Ort sowie dem lsb h als Dachverband Bewegungsaktivitäten leisten, Ressourcen bündeln und ihren Zielgruppen dadurch ein vielfältiges Angebot unterbreiten können. Auch bei der Suche nach Übungsleitern helfen der lsb h und die Sportjugend Hessen gerne weiter. Solche Kooperationsmöglichkeiten wurden im Anschluss durch zwei Praxisbeispiele den Teilnehmenden veranschaulicht: Marc Mercurio mit seinem Projekt „Stark für Familien- Inklusion im Fußball (er)leben“ unterstrich den inklusiven, integrativen und somit sozialen Faktor des Sports. Herr Dr. Seehausen verdeutlichte anhand des Praxisbeispiels des Kinder- und Familienzentrums (KiFaZ) auf dem Sportplatz, dass Bewegung und Sport eine wichtige präventive Maßnahme unter anderem auch für die soziale Bindung für Menschen in Familienzentren sind - denn schließlich, so Dr. Seehausen, gehören körperliche und seelische Gesundheit sowie soziale Begegnung zusammen. 
     

    Zu den vielen Aktivitäten rund um das Thema Bewegung des KiFaZ gibt es weitere Broschüren (u. a. zum Thema Engagement für Flüchtlingshilfe) sowie einen Artikel zum Thema Bewegtes Aufwachsen von Kindern in Corona-Zeiten.

    Fachvortrag „Wirkung von Bewegung auf die psychische Gesundheit und Möglichkeiten für Bewegungsförderung im Setting Familienzentrum" Marco Mattes

    Praxisbeispiel „Stark für Familien – Inklusion im Fußball (er)leben" Marc Mercurio

     

    Praxisbeispiel „Kinder- und Familienzentrum (Kifaz) auf dem Sportplatz" Dr. Harald Seehausen

    Bei inhaltlichen Rückfragen zu den Vorträgen wenden Sie sich gerne per E-Mail an uns: kgc-hessen@hage.de


Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen der Fachforen wurden in der Podiumsdiskussion aufgegriffen und vertieft.

  • Podiumsdiskussion

    An der Podiumsdiskussion nahmen Wolfgang Schreck, Referatsleitung Kinder, Jugend und Familien der Stadt Gelsenkirchen, Christiane Kompch-Maneshkarimi, Sprecherin des Landesnetzwerks Mehrgenerationenhäuser in Hessen, Prof. em. Dr. sc. oec. Uta Meier-Gräwe, ehemalige Leitung des Lehrstuhls für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienwissen­schaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Elke Malburg, Referatsleitung II 4 (Familienpolitik, Kinderschutz und Frühe Hilfen) teil. Die Moderation übernahm ebenfalls Herr Hübner vom Hessischen Rundfunk.

    Nach einer kurzen Einführung durch Herrn Hübner erklärte Frau Kompch- Maneshkarimi, dass Mehrgenerationenhäuser und Familienzentren für einen zielgruppenadäquaten Aus- und Aufbau von familienzentrierten Angeboten zuerst die Bedarfe in der Bevölkerung analysieren müssten, um dann partizipativ Angebote zu gestalten. Herr Schreck merkte daraufhin an, dass bisherige Angebote in den Einrichtungen zu „versäult“ stattfinden und es einer stärkeren Netzwerkarbeit und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteur*innen bedarf. Dabei sollten die Verantwortlichkeiten bei mehreren Personen oder einem Team liegen, da der Ausbau der Netzwerkarbeit mit hohen zeitlichen Ressourcen verknüpft ist. Frau Malburg betonte an dieser Stelle, dass das Land Hessen den Ausbau dieser wichtigen Netzwerkarbeit durch die Förderung von Familienzentren voranbringen möchte. Hier könne das Hessische Ministerium für Soziales und Integration helfen, den Austausch zwischen Mehrgenerationenhäusern und Familienzentren mit weiteren Akteur*innen zu verbessern. Frau Prof. Dr. Gräwe ergänzte, dass das Mitdenken von einer kleinräumigen Sozialberichterstattung bei dem Aufbau von Kooperationsstrukturen sinnvoll sein kann.

    In Bezug auf die Stärkung der psychischen Gesundheit in Familienzentren ist es laut Frau Prof. Dr. Gräwe wichtig, resilienzfördernde Sozialräume zu schaffen und eher die Verhältnis- als die Verhaltensprävention zu fokussieren. Dabei könnte die Einrichtung von Familienzentren in und um die Lebenswelt Kita und Grundschule ein wichtiger Baustein bei der Stärkung der mentalen Gesundheit sein, um die kritischen Übergänge in Lebensphasen von für Kindern und Familien zu unterstützen. Auch Herr Schreck stimmte dieser Aussage zu und wünschte sich eine gezielte Zusammenarbeit verschiedener Ressorts und Dezernate auf kommunaler Ebene.

    Bei der Umsetzung von Ideen und Maßnahmen im Rahmen der Familienzentren ist ein wesentlicher Punkt die Finanzierung der Projekte und der Mitarbeitenden. Laut Frau Kompch-Maneshkarimi ist für eine nachhaltige Implementation bzw. Verstetigung von Maßnahmen innerhalb der Familienzentren und Mehrgenerationenhäuser die Schaffung einer finanziellen Basisstruktur unabdingbar.

    Handlungsempfehlungen
    Am Ende des 5. Fachtags Familienzentren in Hessen stellten alle Teilnehmenden der Podiumsdiskussion ihre zentralen Handlungsempfehlungen zum Thema Stärkung der psychischen Gesundheit in Familienzentren in Hessen zur Verfügung:

    • Die Daseinsfürsorge sollte als kommunaler Strukturprozess aufgewertet werden, um so die psychische Gesundheit der vielfältigen Nutzer*innen von Familienzentren, Mehrgenerationenhäusern, Stadtteil- und Quartierstreffs professionell vernetzt in den Blick nehmen zu können und zu stärken.
    • Die Gemeinwesen orientierte Zusammenarbeit sollte zunehmend mehr in Familienzentren, Kitas und Schulen eingebunden werden, um die vorhandenen Ressourcen im Sinne der Stärkung der Resilienz der Nutzer*innen und verschiedenen Zielgruppen vor Ort zu nutzen.
    • Die Notwendigkeit zur Realisierung von flächendeckenden Familienzentren in Hessen konnte im Kontext des Pandemiegeschehens fachlich untermauert werden.
    • Die Familienzentren in Hessen haben sich trotz schwieriger Rahmenbedingungen resultierend aus der Corona-Pandemie weiter entwickelt und neue Angebotsformen und -formate erprobt.
    • Die Maßnahmen in haushaltsnahen Dienstleistungen sollten strukturell ausgebaut und für Familien modifiziert werden, um präventiv vor hohen Folgekosten bei psychischer Belastung wirken zu können.

     


Abschluss und Ausblick

Frau Edith Kunze ging in ihren abschließenden Worten auf den positiven Veranstaltungsverlauf ein: Insbesondere die bewährte Wechselwirkung zwischen wissenschaftlichen Beiträgen und dem Austausch zu guter Praxis habe wieder dazu beigetragen, dass die Familienzentren in Hessen am 5. Fachtag Familienzentren viel für ihre Arbeit haben mitnehmen können. Dabei sei das Angebot über den Tag hinweg vielfältig und gut aufeinander abgestimmt gewesen.

Die Hessische Landesregierung will das Angebot der Familienzentren in Hessen zukünftig weiter ausbauen und unterstützen. Auch heute sei noch einmal deutlich geworden, wie wichtig eine zielgerichtete Vernetzung der Familienzentren untereinander, aber insbesondere auch im Sozialraum, im Stadtteil und im Quartier sei. Dabei hat sich insbesondere im vergangenen Jahr – im Kontext des Corona-Pandemiegeschehens – gezeigt, dass das Thema Gesundheitsförderung mit den Einrichtungen und Angeboten der Familienzentren „Hand in Hand“ ginge.

Die zahlreichen Teilnehmer*innen des 5. Fachtags Familienzentren 2021 bedankten sich gemeinsam mit Frau Dr. Böhm, Geschäftsführerin der HAGE, Frau Rajni Kerber, langjährig zuständige Mitarbeiterin der HAGE, und Herrn Robert Hübner bei Frau Kunze für die Zusammenarbeit und die fachliche Unterstützung über die vergangenen Jahre. Frau Kunze wird zeitnah aus dem aktiven Arbeitsleben ausscheiden. Ihr Anliegen, die Verortung der Gesundheitsförderung und Prävention in Familienzentren in Hessen, wird in die Hände ihrer Nachfolge übergehen.


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